Im prächtigen Bundesratssaal des Parlaments fand die Enquete zum Thema „Die Überwindung der Digital Divide als regionale Herausforderung“ statt. Sie wurde in Folge eines vier Parteienantrages einhellig in einer Bundesratssitzung beschlossen. Einstimmig war der bejahende Tenor der Veranstaltung, die von allen RednerInnen als erster Schritt sehr gelobt wurde. Die ISPA hatte hierbei die Möglichkeit ihre Erfahrungen und ihre Stellungnahme zu diesem Thema in Form eines Referats durch Kurt Einzinger einzubringen.
Alfred Ruzicka (BMVIT), der erste Referent des Tages, stellte die Breitbandförderung des Bundes vor und betonte die Wichtigkeit der Überwindung der Digital Divide mit dem Hauptthema, der Verfügbarkeit. Weiters betonte er das klare politische Bekenntnis der Bundesregierung zum Breitbandausbau. Die RTR erhob, dass von den 17 245 östereichischen Ortschaften rund ein Drittel der Bevölkerung nicht mit Breitband-Internet versorgt ist, das ist in etwa eine Million Menschen. Die Regierung hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, Österreich weltweit an die Spitze der Informationsgesellschaft zu bringen. Dazu hat sie ein Förderprogramm für den Ausbau von Internet Breitband in nicht versorgten Gebieten gestartet. 10 Mio. Euro dürften in zwei Jahren dafür zur Verfügung stehen. Die Bundesländer sollen nach Meinung des Ministeriums dieses Geld mindestens verdoppeln und um EU Strukturförderungen ansuchen. Ruzicka wies schließlich auf die Kriterien der Ausschreibung hin. Er unterstrich die Bedeutung der technologischen Neutralität, die Nichtdiskriminierung der Anbieter unterschiedlicher Unternehmensgrößen, den offenen Zugang und die Coverage-Verpflichtung. Alfred Ruzicka meinte in seinem Schusswort: „Ich bin fast gerührt über diese Veranstaltung. Noch nie zuvor hat es so viel positive Zustimmung zu einem Programm des BMVIT gegeben“
Auch Georg Serentschy (RTR) wollte in seinem Vortrag die Bedeutung von Breitband in den Köpfen der Politiker verankert wissen. Bewusstseinsbildung sei auch Sache der Politik, die Strategien der Errichtung sei Angelegenheit des Ministeriums. Breitband für Jedermann und –frau! Das Thema gewinne immer mehr an Bedeutung und sei ein zentraler wirtschaftlicher Faktor um beispielsweise Problemen wie der Landflucht vorzubeugen. „Heute ist der Breitbandanschluss so wichtig wie es vor 50 Jahren die Eisenbahn und vor 20 Jahren die Autobahnen waren“, mahnte er, „Das Bruttoinlandsprodukt wird von Breitband abhängen“. Er bemängelte die geringe finanzielle Förderung aus staatlicher Hand und verwies auf das Beispiel Prag, wo die Regierung eine Milliarde zur Förderung von Breitband zur Verfügung gestellt habe. Österreich habe gerade in ländlichen Grenzregionen Nachholbedarf um im Wettbewerb standzuhalten. Dies untermauerte er anschaulich mittels einer Karte mit vielen weißen Flecken auf der Landkarte.
Die Regulierungsbehörde werde weiterhin ihren Teil zur Förderung von Breitband beitragen. Ihre Hauptaufgabe sieht er in der Regulierung, in der Umsetzung der EU Richtlinie. Er demonstrierte die verschiedenen der Tätigkeiten der RTR als Puzzleteile: bewusstseinsbildende Maßnahmen, die Freigabe von Frequenzen (im Herbst 2004) für WLL (wireless local loop), den Fokus auf die Entbündelung (Statusbericht im Herbst), Wettbewerb, Projekte zum Thema Sicherheit, wie E-Government und die digitale Signatur, und Marktanalysen.
Georg Aichholzer (Akademie der Wissenschaften) präsentierte anschließend Ergebnisse der empirischen Forschung. In Amerika, von wo der Begriff Digital Divide stammt, haben die Frauen bereits in der Internetnutzung mit den Männer gleichgezogen. Leider besteht noch in vielen anderen Gebieten ein Ungleichgewicht. Speziell die Fähigkeit der Nutzung digitaler Medien führe zu einer Kluft, mehr als „to have or to have not“. Auch seien soziale Aspekte zu berücksichtigen. Personen über 50 Jahre und Personen mit niedrigem Einkommen und niedriger Bildung müssten gefördert werden. Er regte an, mehr Möglichkeiten zu schaffen, Breitband in öffentlichen Institutionen nützen zu können.
Hannes Leo (WIFO) wies auf die Notwendigkeit der Behebung von Informationsdefiziten hin und betonte die Dringlichkeit der Koordination aller Strategien. Ebenso fehle es an der Sicherstellung des Wettbewerbs und der Technologieneutralität.
Rudolf Fischer (Telekom Austria) beleuchtete die Hintergründe des Wandels von der Industriegesellschaft in die Informationsgesellschaft. Künftig würde nur mehr von IKT gesprochen, denn Information- und Kommunikationstechnologie gehen immer mehr ineinander über. Er wies auf den Zusammenschluss der „Broadband-Stakeholder“, der ARGE Breitband hin, die sich dieser Tage zusammengefunden hat um das Thema Breitband in Österreich voranzutreiben. Österreich liegt an siebter Stelle in der EU, die Penetration sei knapp über 20 Prozent. In Korea sind es 70 Prozent. Den bisher erfolgten Investitionskosten von 780 Mio. Euro der Telekom Austria werden weitere folgen müssen, mahnte er in Richtung der Politiker und der anderen Anbieter. Die Tragweite zum Thema Content veranschaulichte er durch das Beispiel eines Online Spieles, dass mit zwei Mio. User weltweit einen jährlichen Umsatz von 200 Mio. Euro erwirtschaftet. Er stellte das Projekt AON TV vor und hob die Bedeutung von digitalem Fernsehen hervor.
Anschaulich stellte Hans Kühberger (Infotech Ried) dies mit dem erfolgreichen Projekt des digitalen TV in Ried im Innkreis dar. Weiters stellte er die Höhe der staatlichen Förderung in Frage, indem er auf die Kosten von fünf bis sechs Millionen Euro für eine flächendeckende Anbindung ans Internet in einer Bezirksstadt wie Ried aufmerksam machte.
Kurt Einzinger (ISPA) begrüßte grundsätzlich die Breitbandinitiative des Bundes, allerdings sei es dabei wichtig, dass es ein einheitliches Verfahren beim Ausschreibungsprozess und bei der Bewerberbewertung und Mittelvergabe geben müsse. Auch die mangelnde Transparenz in allen Verfahrensschritten sei zu gewährleisten. Faire Chancen für alle Provider, sowie Technologieneutralität sei wichtig. Geförderte Betreiber müssten, durch entsprechende Vergabebedingungen gewährleistet, ein Wholesale Angebot stellen müssen. Er plädierte auf die Beachtung der Nachhaltigkeit der zu errichtenden Infrastruktur, sowohl in der Breitbandfähigkeit als auch in der Skalierbarkeit. Er rief die bereits im Frühjahr 2004 gestellte Forderung einer Koordinierungskonferenz in Erinnerung. Interesse fand auch seine sachliche Erklärung der verschiedenen Breitbandzugangstechnologien wie ADSL, Entbündelung, Kabel und WLAN (Funklan).
Auch vertrat der Generalsekretär der ISPA die Ansicht, dass die beste Förderung des Staates im Schaffen und in der Erhaltung von fördernden Rahmenbedingungen bestehe. In diesem Bereich könne der Staat (BMVIT, RTR) viel tun ohne große Ausgaben tätigen zu müssen. Zum einem mahnte er die Koordination der Förderinitiative und die Einberufung des im TKG 2003 festgeschriebenen Telekommunikationsbeirats ein. Zum anderen wären die Rahmenbedingungen für Wachstum und Wettbewerb im Breitbandmarkt mittels der längst fälligen Marktanalyse und Marktmachtfestellung im Breitband Vorleistungsmarkt endlich herzustellen, um die langsam beginnende Entbündelung zu beschleunigen. Schließlich forderte er eindringlich die Freigabe der WLAN Frequenz im 5GHz Band, was in vielen anderen europäische Ländern bereits geschehen ist...
Viele Redner, wie Nationalratsabgeordneter Parnigoni, kritisierten, dass man mit den zehn Millionen Förderung der Regierung nicht weit komme, sie seien wirklich nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein. Er meinte, man solle die Fördertöpfe der EU nicht unausgeschöpft lassen und zeigte das Problem der Co-Finanzierung auf.
Nachfolgende Redner deuteten auf die Bedeutung von Content im Zusammenhang mit Breitband hin. Es müsse dringend das Verwertungsrecht überdacht werden. Es wurde angeregt eine Nachfolgeveranstaltung zum Thema Breitband-Content abzuhalten.
Eine gelungene Veranstaltung, die eine erste politisch konstruktive und sachliche Annäherung an das Thema darstellte. Wie Laotse schon sagte: „Jede lange Reise beginnt mit dem ersten Schritt“, und Kurt Einzinger fügte hinzu: “dem weitere Schritte folgen müssen!“
Dr. Kurt Einzinger
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