ISPA und VAT fordern wiederholt verbesserte Rahmenbedingungen für den Wettbewerb auf der „letzten Meile“. Insbesondere die überhöhten Kosten und mangelhafte Prozesse hemmen den Infrastrukturwettbewerb und damit den weiteren Breitband-Ausbau. Dazu wurde eine neue Studie vorgestellt, die belegt, dass die Entbündelungsmiete bei korrekter Kalkulation nur 6,71 statt 10,90 Euro betragen dürfte.
Im Rahmen einer Brancheninitiative der ISPA (Internet Service Providers Austria) und des VAT (Verband Alternativer Telekom-Netzbetreiber) verlangten die bei der Entbündelung tätigen alternativen Betreiber heute in einer gemeinsamen Pressekonferenz Verbesserungen bei den Kosten und der Abwicklung, um die Breitband-Versorgung und -Nutzung anzukurbeln.
“Vor fünf Jahren gab es bereits jede Menge an dicken Bescheiden und eine EU-Verordnung, trotzdem fand die Entbündelung nicht statt. Sie wurde und wird von der Telekom Austria behindert und verzögert und auch die regulatorischen Rahmenbedingungen passen einfach nicht. „Nach wie vor gilt: Solange die Entbündelung nicht so einfach ist wie eine Wurstsemmel zu kaufen, werden wir nicht Ruhe geben,“ bekräftigte Dr. Kurt Einzinger, Generalsekretär des Verband der Internet Service Provider (ISPA), die Haltung der Branche. „Erneut stellen wir fest, es hat sich noch immer nichts Wesentliches geändert.“
Die Entbündelung ist die Überlassung einer Leitung vom letzten großen Verteilerpunkt zum Kunden zu einem vom Regulator festgesetzten Preis. Es ist die einzige wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, um im Bereich der letzten Meile nachhaltigen Infrastrukturwettbewerb herzustellen und die Breitband-Penetration dauerhaft zu steigern.
Heute sind von den fast 3 Millionen Teilnehmeranschlussleitungen der Telekom Austria nicht ganz 2,5 % entbündelt. Das ist viel zu wenig, um einen funktionierenden Wettbewerb zu ermöglichen. Wettbewerbsbehindernd wirken die Höhe der Entbündelungskosten und die Schwierigkeiten bei der Abwicklung auf der Verfahrensebene.
Dazu präsentierte Univ.Prof. DI Dr. Adolf Stepan von der TU Wien ein aktuelles im Auftrag von Tele2UTA erstelltes Gutachten zur Höhe der monatlichen Mietkosten der Teilnehmeranschlussleitung (TASL). Darin wird insbesondere das derzeit verwendete Kalkulationsmodell scharf kritisiert:
„Die gegenwärtige Rechnung in Form einer statischen Zuschlagskalkulation entspricht methodisch nicht dem Stand der Technik der Betriebswirtschaftslehre“ mit der Folge einer ungerechtfertigt hohen Entbündelungsmiete. Daher fordern die Studienautoren die Anwendung eines dynamischen Kalkulationsmodells.
In ihrem Gutachten haben Stepan/Sögner die Höhe der TASL-Miete mittels eines dynamischen Kalkulationsmodells errechnet. Dazu wurden alle wesentlichen Inputfaktoren wie Nutzungsdauer oder Kapitalzinsen, so wie sie von der RTR verwendet werden, unverändert übernommen, lediglich die jährlichen Produktivitätssteigerungen und die Inflation wurden berücksichtigt.
Das Ergebnis ist spektakulär: Allein die betriebswirtschaftlich korrekte und zeitgemäße Berechnung müsste zu einer sofortigen Senkung der Entbündelungsmiete um 38,4% von derzeit 10,90 auf 6,71 Euro im Monat führen.
„Diese Studie belegt eindrucksvoll, wie dringend es einer Korrektur der regulatorischen Rahmenbedingungen für die letzte Meile bedarf. Denn die gegenwärtige Praxis ist wettbewerbsverzerrend, verhindert weitere Investitionen der alternativen Netzbetreiber in Infrastruktur und lässt nachhaltigen Wettbewerb am Breitband-Markt nicht zu“, kommentiert DI Norbert Wieser, Geschäftsführer von Tele2UTA das Gutachten.
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Entscheidung der TKK (Telekom-Control-Kommission)zur Neugestaltung des Standardentbündelungsvertrages inklusive der Höhe der Entbündelungsmiete stehen für Wieser „Politik, Regulator und Kommission vor dem Offenbarungseid: Wer Infrastrukturwettbewerb und Breitband-Ausbau zum Vorteil der Konsumenten und des Standorts wirklich will, muss die Entbündelung forcieren und die Entbündelungskosten und da insbesondere die Monatsmieten auf das tatsächliche Kostenniveau senken.“
„Neben den reinen Kostenparametern wie TASL-Miete, Herstellungsentgelt und Kollokationsmieten, sind auch die praktischen Rahmenbedingungen für den Erfolg von Entbündelung von entscheidender Bedeutung,“ ergänzte der Geschäftsführer von Silver Server, Oskar Obereder. Darunter fallen die Kapazitätsbereitstellung am Hauptverteiler genauso wie die Organisation der baulichen Tätigkeiten und die effiziente Verwendung von vorhandenen Leerrohren.
Österreich ist bei der Breitbandnutzung im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern zuletzt deutlich zurückgefallen. „Um bei der Breitbandversorgung und -nutzung und in der europäischen Informationsgesellschaft wieder vorne dabei zu sein, ist es notwendig, die Rahmenbedingungen für Entbündelung entscheidend zu verbessern. Nur durch eine Senkung der monatlichen Überlassungsentgelte und verbesserte Herstellungs- und Verfahrensbedingungen kann man erreichen, dass die Betreiber weiter in Infrastruktur investieren und dass innovative Dienste für die Wirtschaft und die Menschen günstig nutzbar werden", fasst Dr. Achim Kaspar, Präsident des Verbandes Alternativer Telekom-Netzbetreiber (VAT) die Anliegen der gesamten Branche zusammen.
Die Vergangenheit habe gezeigt, dass Wettbewerb das einzige, wirklich geeignete Mittel ist, um Investitionen der Betreiber und Preissenkungen für die Konsumenten zu erzielen. Dies muss nun auch für den Zugangsbereich gelten, wo die Telekom Austria nach wie vor über einen Marktanteil von über 95% verfügt.
Dr. Kurt Einzinger
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