"Dass sich Ministerin Bures entschlossen hat, den Entwurf des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte zur Begutachtung zu stellen ist zu begrüßen, denn er wurde unter der Maxime einer weitestgehenden Wahrung der Grundrechte und größtmöglicher Rechtssicherheit für alle erarbeitet", kommentiert Generalsekretär Andreas Wildberger die heute erfolgte Bekanntgabe des BMVIT anlässlich der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs zur Umsetzung der sogenannten "Data Retention" Richtlinie der Europäischen Union. "Dies zerstreut natürlich nicht unsere grundsätzlichen Bedenken gegenüber der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie als solche, da mit ihr anstelle eines Grundvertrauens ein Grundmisstrauen unter dem Motto "jeder ist verdächtig" gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern eines Landes etabliert wird." ergänzt Wildberger.
Die auch auf der EU-Ebene heftig umstrittene Richtlinie, die nach den Anschlägen in London und Madrid als Präventionsmaßnahme gegen Terrorismus beschossen wurde, sieht vor, Verbindungsdaten (Telefon, Internet) aller Bürgerinnen und Bürger verdachtsunabhängig zu speichern, um bei Verfolgung schwerer Straftaten darauf zugreifen zu können. Dem österreichischen Gesetzesentwurf war die Regierungsentscheidung vorausgegangen, die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie umzusetzen, um Strafzahlungen im Zuge eines schon laufenden Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden. Ministerin Bures hatte daraufhin das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte beauftragt, unter Einbeziehung aller Stakeholder - insbesondere auch des Justiz- und Innenministeriums - einen Gesetzesentwurf für eine minimale Umsetzung auszuarbeiten. Dieser Entwurf wurde interministeriell diskutiert, doch wie zuletzt kolportiert scheiterte eine modifizierte Kompromissvariante an Forderungen des Innenressorts.
Die Eckpunkte des gemeinsamen Entwurfs sind eine maximale Speicherdauer von 6 Monaten sowie die Schaffung von Rechtssicherheit bezüglich des Zugriffs auf diese Daten. "Das ist ein überaus wichtiger Punkt: Bisher gab es rund um das Thema der Beauskunftung immer wieder Unstimmigkeiten mit den Behörden, da auch zur Zeit - also unabhängig von der geplanten Vorratsdatenspeicherung - die Fälle, wann wie an wen Benutzerdaten herausgegeben werden müssen, gesetzlich nicht eindeutig geregelt sind", beschreibt Andreas Wildberger die Problematik. Der Entwurf sieht nun vor, dass auch die Graubereiche der Vergangenheit ausgeräumt werden, indem der Zugriff auf Daten genau festgelegt ist: Vorratsdaten nur zur Verfolgung schwerer Straftaten; Daten, die zur Verrechnung gespeichert werden müssen nur mit richterlicher Bewilligung (StPO) oder zur Abwehr einer konkreten Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen (SPG). "Damit wäre eindeutig klargestellt, wann ISPs die Daten ihrer Kundinnen und Kunden herausgeben dürfen", betont der ISPA Generalsekretär. Ausdrücklich begrüßt wird auch die Tatsache, dass kleine Internet Service Provider (ISPs, lt. KMU-Definition der EU) von der Vorratsdatenspeicherungspflicht ausgenommen sind, da bei diesen die wirtschaftliche und organisatorische Belastung einer Umsetzung unverhältnismäßig hoch wäre.
"Für jene Provider, die auf Basis der Umsetzung Systeme aufbauen müssen, um diese Daten, die für sie keinerlei wirtschaftlichen Nutzen haben, zu speichern und zu beauskunften, fordern wir vollen Kostenersatz, sowohl der Investitions- als auch der laufenden Kosten", stellt Andreas Wildberger klar. Ebenso wichtig sei, dass die im Entwurf angestrebte Rechtssicherheit auch in den Materiengesetzen, also StPO und SPG legistisch "einzementiert" werden. Es könne nur im Interesse der Politik liegen, die Daten der Bürgerinnen und Bürger bestmöglich zu schützen und Klarheit bezüglich ihrer Herausgabe zu schaffen, denn "selbst wenn sich die Regierung anders entscheiden würde und die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie in Österreich nicht umgesetzt wird - was natürlich die beste Lösung wäre - besteht hier gesetzlicher Handlungsbedarf!", so der ISPA Generalsekretär abschließend.
Die ISPA - Internet Service Providers Austria - ist der Dachverband der österreichischen Internet Service-Anbieter und wurde im Jahr 1997 als eingetragener Verein gegründet. Ziel des Verbandes ist die Förderung des Internets in Österreich und die Unterstützung der Anliegen und Interessen von rund 200 Mitgliedern gegenüber Regierung, Behörden und anderen Institutionen, Verbänden und Gremien. Die ISPA vertritt Mitglieder aus Bereichen wie etwa Access, Services, Hosting und Content und fördert die Kommunikation der Markt-Teilnehmer untereinander.
Dr. Andreas Wildberger
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