In seiner gestrigen Sitzung hat der Aufsichtsrat der Telekom Austria TA AG die Fusion des Festnetz- und Mobilfunkbereichs genehmigt. „Wir glauben, dass diese Zusammenlegung die derzeit vorhandenen Remonopolisierungstendenzen verstärken könnte, wenn nicht von Seiten der Regulierung sichergestellt wird, dass effektiver Wettbewerb möglich wird. Andernfalls würde das zu Lasten eines beschleunigten Breitbandausbaus in Österreich gehen“, kommentiert ISPA Generalsekretär Andreas Wildberger das Vorhaben der TA. „Zusammen mit der EU-Genehmigung der Deregulierung des Breitband-Vorleistungsmarktes im Dezember des Vorjahres, stellt dies außerdem eine ernste Bedrohung für viele Marktteilnehmer dar. „Denn was auch klar ist: wirtschaftlich und regulierungsbedingt derart in die Enge getriebene Unternehmen haben gar nicht die Möglichkeit in die Netze der Zukunft zu investieren“, so Wildberger weiter.
Eine nachhaltige Lösung, der nunmehr verstärkten Wettbewerbsproblematik, kann mit einer Abtrennung des Infrastrukturbereichs der TA am besten erreicht werden. „In Großbritannien wurde mit British Telecom ja ein ähnlicher Weg gegangen, der sehr vielversprechend scheint“, so der ISPA Generalsekretär. „Letztlich ist effektiver Wettbewerb der wichtigste Garant dafür, Österreich in punkto Ausbau eines schnellen Breitbandnetzwerks wieder auf die Überholspur zu bringen“, fasst Wildberger die Situation zusammen und bemerkt abschließend: „Die Separation wäre dabei ein äußerst geeigneter Turbo-Booster“.
Die Telekom Austria ist sowohl im Festnetz- als auch Mobilbereich Marktführer. Im Festnetzbereich ist es bis dato trotz gesetzlicher Vorgaben im Telekommunikationsgesetz (TKG2003) nicht gelungen, effektiven Wettbewerb herzustellen. Die Telekom Austria ist derzeit das einzige Unternehmen, das zusätzliche Internet-Kunden im Festnetzbereich gewinnen kann, während die Zahlen für Breitbandanschlüsse alternativer Internet Service Provider (ISPs) sukzessive zurückgehen. „Grund dafür ist das herrschende Unverhältnis der Endkundenpreise zu den Vorleistungspreisen, das keine Bewegungsfreiheit alternativer ISPs zulässt“, so der ISPA Generalsekretär.
Die Relation der Endkundenpreise zu den Vorleistungspreisen wird in einem effektiven Wettbewerbsumfeld durch den Markt bestimmt. Ist dieser Wettbewerb nicht vorhanden, so liegt es im Aufgabenbereich der Regulierung lenkend einzugreifen. In ihren Analysen greift sie dabei unter anderem auf die Kostenrechnung – aktuell die des Festnetzunternehmens – der Telekom Austria zurück um zu überprüfen, ob sich das marktbeherrschende Unternehmen intern günstigere Preise für Vorleistungen verrechnet als seinen Mitbewerbern. „Seit Jahr und Tag ist dieses Thema Inhalt zahlreicher ISPA-Anregungen bei der Telekom-Control-Kommission, da die Nachbildbarkeit bei vielen TA Endkundenangeboten für alternative ISPs nicht gegeben ist“, erklärt Andreas Wildberger dazu.
Werden nun die Finanzsysteme der beiden Unternehmen zusammengelegt, besteht die Gefahr, dass die Kostenrechnung intransparenter wird und damit mutige Regulierungsentscheidungen zur Herstellung effektiven Wettbewerbs erschweren. In einem NGN (Next Generation Networks) Szenario sind die Regulierungsherausforderungen jedoch noch größer, weil möglichst früh Marktentwicklungen antizipiert werden müssen, die auf etwaige Zugangsprobleme von Marktteilnehmern hindeuten. „Gerade diese Unsicherheit weist aber eher darauf hin, ein noch präziseres Regulierungsinstrumentarium zu entwickeln, anstatt Märkte – wie beispielsweise in einer jüngsten Novelle erfolgt – vorzeitig aus der Regulierung zu entlassen“, erläutert Wildberger.
Die Chance also, einen von der ISPA bereits mehrmals geforderten beherzten Schritt zu setzen, um das Wettbewerbsumfeld fair und effektiv zu gestalten und dabei gleich auch die Weichen für einen beschleunigten Breitbandausbau zu stellen, war nie günstiger: Das Herauslösen der Festnetzinfrastruktur in eine eigene – zunächst im Eigentum der Telekom Austria stehende – Gesellschaft (Stichwort „Separation“), die allen Marktteilnehmern und damit auch dem Retail Zweig der Telekom selbst – zu gleichen Preisen ihre Infrastruktur, inklusive der für den NGN Ausbau notwendigen Zugänge zu Leerverrohrung (ducts) und unbeschaltener Glasfaser (dark fibre), anbietet. In einem weiteren Schritt – wie von der ISPA bereits im Juni des Vorjahres vorgeschlagen – könnte eine von Telekommunikationsunternehmen gegründete Gesellschaft das Festnetz dieses Tochterunternehmen der Telekom Austria dann pachten, wobei die Pachteinnahmen als Investitionen in das Netz zurückfließen würden. Damit wäre eine wirksame und zugleich nachhaltige Maßnahme für den beschleunigten Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur in Österreich gesetzt.
Die ISPA – Internet Service Providers Austria – ist der Dachverband der österreichischen Internet Service-Anbieter und wurde im Jahr 1997 als eingetragener Verein gegründet. Ziel des Verbandes ist die Förderung des Internets in Österreich und die Unterstützung der Anliegen und Interessen von rund 200 Mitgliedern gegenüber Regierung, Behörden und anderen Institutionen, Verbänden und Gremien. Die ISPA vertritt Mitglieder aus Bereichen wie etwa Access, Services, Hosting und Content und fördert die Kommunikation der Markt-Teilnehmer untereinander.
Dr. Andreas Wildberger
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