Der Fall kino.to, bei dem Rechteinhaber erwirkt haben, dass ein österreichischer Internetprovider seinen Kunden den Zugang auf diese Webseite, auf der illegal urheberrechtlich geschützte Inhalte zugänglich gemacht wurden, sperren musste, ist abgeschlossen. Der Europäische Gerichtshof hat sein Urteil gefällt und ist wie erwartet den Schlussanträgen des Generalanwalts weitgehend gefolgt: von einem Internetanbieter können Sperrmaßnahmen gegen eine Website verlangt werden.
Es ist gerade einmal eine Woche her, dass Recep Tayyip Erdoğan weltweit für einen Aufschrei der Empörung sorgte. Dieser ließ in der in der Türkei den Zugang zur beliebten Social Media Plattform Twitter sperren. Die Kritik an dieser demokratiepolitisch bedenklichen Maßnahme war auch in der EU nicht zu überhören. Eine derartige Sperre wäre nach dem EuGH-Urteil theoretisch nun auch in Österreich möglich. „An sich ist auch Twitter nur eine Website und es braucht im Prinzip nur jemanden, der findet, dass dieser Nachrichtendienst dazu genutzt wird urheberrechtlich geschütztes Material zu verteilen“, skizziert Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA ein Worst-Case-Szenario. Derartige Bedenken werden von den Verwertungsgesellschaften und sonstigen Vertretern der wirtschaftlichen Interessen der Kunstschaffenden als völlig unrealistisch abgetan, geht es nach deren Ansicht ja lediglich um eine eher geringe Anzahl von Seiten, denen jetzt eine Sperre droht.
Wie jedoch Beispiele aus anderen EU-Ländern – Paradebeispiel Großbritannien – gezeigt haben, wird eine Sperrinfrastruktur, sobald sie einmal vorhanden ist, jedenfalls genutzt. „Man kann nicht die Büchse der Pandora öffnen und glauben, dass man die Auswirkungen maßvoll und gezielt steuern kann. Die Einführung von Netzsperren, zu welchem Zweck auch immer, wird zu zahlreichen weiteren Begehrlichkeiten und Maßnahmen in dieser Richtung führen“, warnt Schubert, der auch auf einen umstrittenen Passus im Entwurf der Europäischen Kommission zum Telekom Binnenmarkt hinweist. In diesem ist vorgesehen, dass zur Durchsetzung von Gerichtsurteilen und Gesetzen sogenannte Netzwerkmanagement-Maßnahmen – sprich Netzfilter bzw. –sperren eingesetzt werden dürfen.
Darüber hinaus stellt das Urteil aus Sicht der ISPA die Interessen einer kleinen Gruppe, nämlich jener der Kunstschaffenden, über die Interessen der Allgemeinheit und könnte dadurch fatale Auswirkungen auf das Internet und speziell auf die Meinungsfreiheit haben. Dass diese kleine Gruppe auch andere Unterstützungen von der Allgemeinheit fordert – ganz aktuell sind hier Festplattenabgabe oder Haushaltsabgabe im Gespräch – anstatt sich darum zu bemühen, dass ihre Werke so vermarktet werden, wie es die Konsumentinnen und Konsumenten im 21. Jahrhundert erwarten, sorgt bei Schubert für Unverständnis.
Wie sich das Urteil konkret auswirkt, werden die nächsten Monate zeigen. Aus Sicht der ISPA haben die Verwertungsgesellschaften die Meinungsfreiheit im Internet niedergerungen, was als Rückschritt und große Gefahr für die weitere Entwicklung des Internets speziell in Österreich gesehen wird.