Nach dem EuGH hat sich nun auch der Oberste Gerichtshof als letzte Instanz zum Fall kino.to geäußert: Internetanbieter können von Rechteinhabern aufgefordert werden den Zugang zu einer Webseite zu sperren, auf der ihre Werke ohne ihre Zustimmung zur Verfügung gestellt werden. Einen Nachweis muss der Rechteinhaber dazu nicht erbringen, es reicht die Behauptung, dass seine Rechte verletzt werden. Selbst eine Weigerung des Providers und eine anschließende Klage des angeblichen Rechteinhabers führen noch nicht zu einer Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Forderung. Zuerst muss sich der Internetanbieter zu einer Beugestrafe verurteilen lassen, erst wenn er dagegen beruft, wird die inhaltliche Richtigkeit der Sperraufforderung überprüft.
Für Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA, bringt das die Internet Service Provider in eine sehr problematische Situation: „Wir können uns jetzt aussuchen, ob wir Richter spielen und die Rechtmäßigkeit jeder Sperraufforderungen überprüfen und beurteilen oder jedem Begehren blind nachkommen.“ Zu ersterem werden die vielen kleinen Provider kaum in der Lage sein, da ihnen die notwendigen Ressourcen und das rechtliche Know-how zur Beurteilung der teilweise äußerst komplizierten und komplexen Urheberrechts- und Rechtelage fehlen. „Aber egal wofür sich der Anbieter entscheidet, er setzt sich immer dem Klagsrisiko aus – entweder durch die angeblichen Rechteinhaber oder durch seine eigenen Kundinnen und Kunden, die den Zugriff auf gesperrte Seiten bei ihm einfordern können“, fasst Schubert resigniert zusammen. „Wir lehnen es aber ab, uns den Schwarzen Peter zuschieben zu lassen und haben deswegen von Anfang an gefordert, dass ausschließlich Richterinnen und Richter über allfällige Sperren entscheiden. Darüber hinaus müssen alle Sperren in einem Transparenzbericht aufgelistet und periodisch einer richterlichen Überprüfung unterzogen werden. Nur so kann man einen Sperrfriedhof oder Zustände wie in Großbritannien, wo bereits fast jede fünfte Webseite gesperrt ist, verhindern.“ Die einzige Möglichkeit, die Internetanbieter jetzt haben und auch nutzen werden, ist ein klarer Hinweis, wer die jeweilige Sperre verlangt hat. Denn laut dem OGH-Urteil können Userinnen und User sowohl gegen den eigenen Provider als auch gegen den Rechteinhaber vorgehen.
Schubert möchte aber keinesfalls den Eindruck erwecken, dass die Internetbranche illegale Inhalte fördert oder auch nur akzeptiert. „Es geht hier schlicht um die Art und Weise, wie dagegen vorgegangen wird. Erstens lassen sich Sperren immer umgehen, zweitens weckt Sperrinfrastruktur, sobald sie einmal vorhanden ist, immer Begehrlichkeiten; und von dort ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Missbrauch.“ Die ISPA Forderung „Löschen statt Sperren“ ist beinahe so alt wie die ISPA selbst.