„Zwar haben wir im Vergleich zu 2015 weniger Meldungen zu nationalsozialistischen Inhalten bekommen, diese waren aber umso zutreffender“, erklärt Barbara Schloßbauer, Leiterin der Stopline. Immerhin waren 17% der 340 Nationalsozialismus-Meldungen tatsächlich illegal, in früheren Jahren lag dieser Prozentsatz stets im einstelligen Bereich. „Möglicherweise steigt das Unrechtsbewusstsein in der Gesellschaft und bewegt User vermehrt dazu, Nazi-verherrlichende Postings, Webshops mit Nazi-Devotionalien oder rechtsradikalen Musik-Downloads zu melden“, so Schloßbauer.
Das Problem dabei: Fast immer sind diese Inhalte in Ländern gehostet, wo Wiederbetätigung kein Straftatbestand ist, zum Beispiel in den USA oder den Niederlanden. Auch den Strafverfolgern sind meist die Hände gebunden. Trotzdem kooperiert Stopline in diesen Fällen sehr eng mit dem Verfassungsschutz – und kann immer wieder Erfolge verbuchen, wenn die Inhalte dann plötzlich doch offline sind.
Auch kinderpornografische Inhalte sind fast immer im Ausland gehostet – und zwar dort, wo billige IT-Infrastruktur unbürokratisch zu erhalten ist. Nach wie vor führen die USA die Stopline-Statistik an, dicht gefolgt von den Niederlanden, die im Vorjahr noch den vierten Platz eingenommen haben. In diesen Ländern besteht jedoch auch ein dichtes und effizientes Hotline-Netz, mit dem Stopline im Rahmen von INHOPE zusammen arbeitet. So können illegale Inhalte rasch aus dem Netz entfernt werden. Auch der einzige illegale Inhalt, der 2016 in Österreich gehostet wurde, konnte Dank des raschen Handelns des Providers umgehend gelöscht werden.
Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA und Vizepräsident der EuroISPA, führt die rasche Löschung der illegalen Inhalte auf die gute Zusammenarbeit zurück: „Wir treiben die Vernetzung auch auf europäischer Ebene intensiv voran und unterstützen daher einerseits die Meldestellen im ständig wachsenden INHOPE-Netzwerk und setzen uns andererseits differenziert und oftmals durchaus kritisch für die verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Behörden und ISPs ein.“ Darüber hinaus betont Schubert einmal mehr, dass Netzsperren nicht nur im Sinne der Netzneutralität vehement abzulehnen sind, sondern auch, weil sie nicht zuletzt aufgrund der Umgehbarkeit lediglich ein Verstecken von illegalen Inhalten bewirken, aber nicht zu deren Löschung oder Entfernung aus dem Internet führen.
Erfreulich ist, dass die Qualität der Meldungen bei Stopline stetig steigt - auch wenn die absolute Zahl der Meldungen im Rückgang ist. 2016 betrafen nur zehn Prozent der Meldungen Themen, für die Stopline nicht zuständig ist, in früheren Jahren konnten das bis zu 35 Prozent sein. Schloßbauer ortet den Grund dafür unter anderem in der kontinuierlichen Öffentlichkeitsarbeit und wachsenden Bekanntheit der Stopline: „Unser Fokus auf Kinderpornografie und Nationalsozialismus ist mittlerweile hinlänglich bekannt, für andere Themen gibt es andere Anlaufstellen.“