Können Rechteinhaber mit Sperraufforderungen an Access-Provider auch gegen BitTorrent-Plattformen vorgehen? Diese stellen Nutzern nur Wegweiser zur Verfügung, um urheberrechtlich geschützten Werke auszutauschen und abzurufen. Der OGH beantwortete diese Frage Ende Oktober in seinem Urteil mit einem ja und erläutert, dass bereits das technische Erleichtern und Fördern der Urheberrechtsverletzung ausreichend für ein solches Vorgehen sei. Damit wird der Kreis der potentiell betroffenen Webseiten auch auf Suchmaschinen und Videoplattformen erweitert, was eine enorme Sprengkraft in Bezug auf die Entwicklung des Internets bedeutet.
Ein weiteres Urteil zum Thema Netzsperren, mit dessen möglichen Folgen der Dachverband der Internetwirtschaft wenig Freude hat: „Wir unterstützen in keiner Weise illegale Inhalte im Netz, halten es allerdings für äußerst bedenklich, dass die Entscheidung, was illegal ist und was nicht, nach wie vor nicht ein Gericht, sondern der Internetanbieter treffen muss und es noch immer an einer gesetzlichen Regelung fehlt, die ein Mindestmaß an Transparenz und Rechtsstaatlichkeit bietet“, kritisiert Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA. „Auch wenn wir es positiv sehen, dass hier in letzter Instanz ein Gericht die Entscheidung getroffen hat, so wird die Beurteilung der Webseite in erster Instanz weiterhin dem Access-Betreiber überlassen. Durch die vom OGH vorgenommene Ausdehnung des Kreises der potentiell zu sperrenden Webseiten wird diese Aufgabe für den Betreiber weiter erschwert und außerdem der Privatisierung der Rechtsdurchsetzung weiter Vorschub geleistet. Es ist äußerst unerfreulich, dass es auch nach über 10 Jahren heftiger Diskussion noch immer keine zwingende gesetzliche Grundlage für eine Entscheidung über Netzsperren durch ein Gericht gibt und Provider damit in die Rollen von Richter und Henker gedrängt werden.“
Die ISPA sieht global einen besorgniserregenden Trend zu Netzsperren, bei dem in den meisten Fällen Gerichte auch weiterhin außen vor gelassen werden. So haben sich laut einem jüngst präsentierten UNESCO-Bericht Internetsperren durch Regierungen im letzten Jahr verdreifacht und auch in der anstehenden EU-Gesetzgebung werden Netzsperren als mögliches Mittel diskutiert, um beispielsweise Nutzerinnen und Nutzer vor „Fake Shops“ zu schützen.
Die ISPA wird nicht müde darauf zu verweisen, dass Netzsperren keine Probleme lösen, sondern allenfalls als Placebo, allerdings mit teilweise gravierenden Nebenwirkungen, gesehen werden können: „Illegale Inhalte gehören durch Löschen nachhaltig aus dem Netz entfernt. Alles andere ist eine Augenauswischerei mit äußerst gefährlichen Nebeneffekten, die sowohl von Anbieter- als auch von Konsumentenseite leicht umgangen werden kann. Das einzige was bleibt, ist eine Sperrinfrastruktur, die für viele Zwecke missbraucht werden kann und leider vielerorts auch wird“, so Schubert.
Auch wenn die ISPA Netzsperren kategorisch ablehnt, so hat sie dennoch eine Studie erstellen lassen, wie solche bei vermuteten Urheberrechtsverletzungen zumindest grundrechtskonform umgesetzt werden könnten. Basierend auf dieser Studie fordert die ISPA eine gesetzliche Regelung, die Rechtssicherheit auch in Bezug auf die Netzneutralität sowie Transparenz gewährleistet und die Entscheidung über Sperren ausschließlich bei einem Richter festlegt. „Die derzeitige Situation, wo Provider quasi auf Zuruf der Rechteinhaber sperren müssen, wenn sie sich nicht auf einen zeit- und kostenintensiven Rechtsstreit einlassen wollen, ist wirklich nicht tragbar und eine Handlungsaufforderung an den Gesetzgeber“, so Schubert abschließend.