Der flächendeckende Breitbandausbau mit Glasfaser und 5G ist sowohl die politische Vorgabe des EU-weit umzusetzenden European Electronic Communications Code (EECC) als auch der österreichischen Breitbandstrategie 2030. Heute endet die öffentliche Begutachtung des vom Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) veröffentlichten Entwurfs für das Telekommunikationsgesetz 2021 (TKG 2021). „Statt mit dem TKG 2021 die notwendigen Rahmenbedingungen und Investitionsanreize zu schaffen, sehen wir uns als Internetwirtschaft mit zahlreichen Verschlechterungen konfrontiert. Die ambitionierten nationalen und internationalen Ziele lassen sich durch den vorliegenden Gesetzesentwurf kaum erreichen. So wird sich Österreichs Weg aufs Breitband-Abstellgleis im EU-Vergleich leider weiter fortsetzen“, befürchtet ISPA Generalsekretärin Charlotte Steenbergen. „Wir bedauern die vielen verpassten Chancen für faire Wettbewerbsgestaltung und Investitionen in Zukunftstechnologien, die der EECC ermöglichen würde. Einmal mehr wird in Österreich lediglich der Status quo verwaltet.“
Insbesondere im Bereich des Netzausbaus und der Infrastrukturnutzung wurden zusätzlichen Belastungen geschaffen und die in Österreich vorherrschende Wettbewerbslethargie weiter fortgeschrieben, statt zukunftsgerichtete Weichenstellungen vorzunehmen. Gleichzeitig wurden seit Jahren bestehende Gesetzeskonflikte bei Zugangssperren und Netzneutralität nicht aufgegriffen, was an sich längst erwartet wurde. Betreibern bleibt damit weiterhin nur die Rechtsunsicherheit. „Wir fordern, dass die von vielen Seiten formulierte Kritik am Entwurf ernstgenommen wird und es noch zu erheblichen Verbesserungen kommt. Denn in seiner jetzigen Form ist er eine Investitionsbremse, die dem Wirtschaftsstandort Österreich nur schaden kann und weite Teile der Bevölkerung gerade im ländlichen Raum noch auf Jahre von schnellem Internet ausschließt“, zeigt sich Steenbergen unzufrieden.
Die Ausgestaltung der Leitungsrechte ist entscheidend für den Ausbau der Internet-Infrastruktur. Sie regeln, unter welchen Voraussetzungen beispielsweise neue Glasfaserleitungen unter Feldern oder Straßen vergraben werden können, gerade auch um ländliche Gebiete besser zu erschließen. Leider wurde bei der Überarbeitung dieser Rechte jedoch scheinbar vor allem das Interesse einiger Grundeigentümerinnen und -eigentümer berücksichtigt und dieses über das Gesamtinteresse der Bevölkerung an einer hochleistungsfähigen Breitbandinfrastruktur gestellt. Neue Regelungen wie etwa eine Haftung ohne jegliches Verschulden für Folgeschäden durch den Betreiber, sowie umgekehrt eine de facto Haftungsbefreiung für Schäden an der Infrastruktur durch die Grundeigentümerinnen und -eigentümer, sind absolut unverständlich. Sie entsprechen außerdem auch nicht den allgemeinen zivilrechtlichen Haftungsregelungen.
Anstatt die Chance zu nutzen und das Genehmigungsverfahren im Sinne des raschen Ausbaus zu vereinfachen („One-Stop-Shop“), wurden zudem zusätzliche Verfahrensschritte vorgesehen. Das erhöht die Kosten auf Seiten der netzausbauenden Unternehmen und verlängert die Verfahrensdauer. Es ist absolut unverständlich, dass auch die Nutzung von öffentlichem Gut wie etwa öffentlichen Straßen in Hinkunft erschwert werden soll. „Mit dem Gesetzesentwurf wurde zwar kurzfristig einigen Partikularinteressen entsprochen. Der Gesetzgeber muss sich aber die Frage stellen, ob dies auf Kosten des öffentlichen Interesses am Breitbandausbau tatsächlich gerechtfertigt ist“, bemängelt Steenbergen.
Der österreichische Breitbandmarkt ist leider seit Jahren festgefahren und es herrscht zu wenig Wettbewerb. Die Marktanteile des marktbeherrschenden Unternehmens am Festnetzmarkt stagnieren auf weit über 50 Prozent, einen ähnlich hohen Marktanteil eines Unternehmens findet man EU-weit nur in Luxemburg. Im EECC vorgesehene Möglichkeiten, bestehende Regulierungsauflagen durch Ko-Investitionsvereinbarungen in Infrastrukturausbau und private Vereinbarungen über Zugangsleistungen zu ersetzen, sollten daher maximal als Ergänzung zur nach wie vor notwendigen Regulierung eingesetzt werden. Entbindet man insbesondere das marktbeherrschende Unternehmen zu früh aus jeglicher Regulierung, verstärkt sich die schon länger zu beobachtende Re-Monopolisierung des Marktes weiter, was vor allem für den ländlichen Raum nichts Gutes bedeutet und unbedingt vermieden werden sollte. Darüber hinaus bieten rein private Vereinbarungen zwischen den Betreibern keinen angemessenen Ersatz für Regulierungsauflagen und gewähren den betroffenen Unternehmen nicht die notwendige langfristige Rechts- und Planungssicherheit.
Im Entwurf ist vorgesehen, dass Hersteller von Netzwerkkomponenten vom Markt ausgeschlossen werden können, wenn sie ein Sicherheitsrisiko darstellen. Allerdings haben beinahe alle angeführten Kriterien keine sicherheitstechnische Relevanz, sondern sind lediglich vage formulierte Verweise auf politische oder wirtschaftliche Aspekte. Damit gehen diese nicht nur gänzlich am Sinn der Bestimmung vorbei, sondern auch die verfassungsrechtlich gebotene Bestimmtheit solcher Kriterien wird nicht eingehalten. Die ISPA fordert die ersatzlose Streichung der entsprechenden Regelung mit dem Verweis auf die Telekom-Netzsicherheitsverordnung, welche zur Beurteilung dieser Frage vollkommen ausreicht.
Es ist eine wahre Enttäuschung, dass sich der TKG-Entwurf zum Thema Netzsperren gänzlich ausschweigt, denn seit vielen Jahren werden die österreichischen Anbieter in einen Streit zwischen Webseiten-Betreibern und Rechteinhabern hineingezogen und zur Sperre von angeblich strukturell rechtsverletzenden Webseiten verpflichtet. Für die betroffenen Unternehmen besteht keine Möglichkeit, sich rechtskonform zu verhalten, ohne entweder das Risiko einer Verwaltungsstrafe oder die Prozesskosten für ein Zivilverfahren zu tragen. Die ISPA fordert daher abschließend einmal mehr, die Einrichtung eines Verfahrens bei einer unabhängigen Verwaltungsbehörde (etwa der Telekom-Control-Kommission TKK), in welchem die strukturelle Rechtswidrigkeit einer Webseite und Konformität der Zugangssperre mit den Vorgaben der Netzneutralität festgestellt wird, bevor ein Zugangsanbieter zur Umsetzung der Zugangssperre verpflichtet werden kann.